„Heilende Hände“ und ein offenes Ohr

In der neu aufgelegten Serie „Das Team hinter dem Team“ stellen wir in regelmäßigen Abständen einen Mitarbeiter aus dem Funktions- und Betreuerkreis vor. Heute im vierten Teil: DRV-Chef-Physio Carsten Hoffmann.

Das Funktions- und Betreuerteam beim Team Deutschland-Achter wurde über die Jahre um immer mehr Bereiche erweitert. Eine Konstante ist aber stets geblieben und für die Sportler unverzichtbar: die Physiotherapie. Carsten Hoffmann und sein Team kümmern sich um die Sportler/innen des Deutschen Ruderverbandes. Dabei sind die „heilenden Hände“ manchmal genau so wichtig wie ein offenes Ohr – vor allem jetzt, wo es in Richtung Olympia geht. Hoffmann bringt dafür seine ganze Erfahrung mit ein, nahm er doch schon mit den Ruderern an drei Olympischen Spielen teil.

„In meiner Zeit beim Team Deutschland-Achter habe ich viel Lebenserfahrung gesammelt und mir einige Träume erfüllt“, sagt Hoffmann, der bereits 19 Jahre die Ruderer unter seinen Händen hat. Eigentlich kommt er vom Handball. Jahrelang hat er selbst gespielt, sogar bis in die 2. Bundesliga. Heute trainiert er noch die Jugend bei Westfalia Welper in Hattingen, wo sein Sohn aktiv ist. Beruflich ist er über Umwege zum Rudern gekommen. Zunächst war Hoffmann Vermessungstechniker. „Ich habe aber schnell gemerkt, dass mir andere Dinge mehr liegen. Ich wollte etwas mit Menschen und mit Sport zu tun haben“, erinnert er sich zurück. Also folgte im Jahr 1997 die Ausbildung zum Physiotherapeuten.

Vorher beim Handball und beim Eishockey

Anfangs arbeitete Hoffmann in einem Reha-Zentrum, betreute die Handballer von Eintracht Hagen und die Eishockey-Sportler der Iserlohn Roosters. Rudern kannte er nur aus seiner Jugendzeit vom Unterricht am Friedrich-Harkort-Gymnasium in Herdecke – bis 2001, als der Ruf der Physio-Abteilung vom Stützpunkt in Dortmund kam. Seitdem ist die Leidenschaft aufgeflammt, Hoffmann hat beim Team Deutschland-Achter seine Berufung gefunden. Über die Jahre hat er sich bei den Sportlern und Trainern viel Vertrauen erarbeitet. Seit 2007 ist er Chef-Therapeut des Deutschen Ruderverbandes, kümmert sich damit auch um die Organisation.

Großes Physio-Team ergänzt sich

„Der Job bringt mir viel Freude, und ich kann viel davon mitnehmen“, sagt Hoffmann, der seit 2013 seine eigene Physio-Praxis in Bochum betreibt. In der Olympia-Saison bringt er rund ein Viertel der Zeit für die Ruderer auf, am Stützpunkt in Dortmund, auf Wettbewerben und in den Trainingslagern. Hoffmann ist oft dabei – natürlich nicht alleine. „Wir sind hier ein großes Team, das sich ergänzt und in das jeder seine Fähigkeiten mit einbringt“, sagt der 45-Jährige, der Zusatzqualifikationen als Manualtherapeut, Osteopath und in der Applied Kinesiologie vorweisen kann. Zum ständigen Team am Standort Dortmund gehören außerdem Gudrun Krampe, Michelle Josefine Otto, Sabrina Ebbing, Jürgen Hastenpflug, Christian Weiß und Kai Krönkemeyer.

Als Hoffmann 2001 einstieg, war er einer von vier Physiotherapeuten. Immer samstags stand den Sportlern das rehabilitative und präventive Angebot zur Verfügung. Mittlerweile arbeiten acht Physios an vier Tagen in der Woche am Stützpunkt Dortmund. „Es war ein ständiger Wachstumsprozess, die Strukturen sind professioneller geworden“, sagt der Herdecker: „Das gilt für alle Abteilungen, mit denen sich natürlich ausgetauscht wird. Da ergeben sich viele Schnittstellen, ein Rad greift ins andere – wir sind ein Team.“

Schaltstelle zwischen Trainern und Athleten

Vor allem mit der Leistungsdiagnostik, der medizinischen Abteilung um Verbandsarzt Dr. Uli Kau und der Sportpsychologin Annelen Collatz herrscht ein reger Austausch. Gleichzeitig ist Hoffmann Schaltstelle zwischen Trainerteam und Athleten. „Ich bin die Vertrauensperson für beide Seiten. Mit den Athleten arbeite ich während der Physiotherapie ja nicht nur körperlich, wir treten auch emotional in Kontakt. Das ist genauso ein Indikator, um zu schauen, wie voll der Akku ist. Es gibt viele Dinge, die die Gesundheit beeinflussen können“, sagt Hoffmann, der mit seiner lockeren und empathischen Art bei den Sportlern gut ankommt: „Als Physiotherapeut musst du den Menschen in seiner Gesamtheit wahrnehmen. Bei einer so großen Gruppe wie hier gibt es immer viele verschiedene Charaktere. Auf jeden musst du individuell eingehen.“

Die Intensität steigt in Richtung Olympia

Jetzt, wo es auf Olympia zugeht, ist ein offenes Ohr umso mehr gefragt. Dabei steigt die Intensität für die Physio-Abteilung ebenso wie für die Sportler. „Je höher der Druck und die Anforderungen für die Ruderer werden, desto höher werden sie auch für uns. Nach Olympia sind wir wohl alle urlaubsreif, wir leben die Anspannung mit“, erzählt Hoffmann: „Der Faktor Zeit spielt in der Olympia-Saison eine besondere Rolle. Wenn jemand ein Problem hat, will jeder möglichst schnell fit werden. Da brauchst du die volle Konzentration, alles im Blick zu behalten, um die richtige Entscheidung zu treffen, wann der Athlet wieder leistungsfähig ist.“

„Emotionen, die du dein Leben lang behältst“

Hoffmann selbst war schon dreimal bei Olympia und hat dort tolle Momente erlebt. „Highlights waren die Olympia-Siege im Achter und Doppel-Vierer. Aber auch an Ereignisse wie den Einlauf hinter Dirk Nowitzki in Peking erinnere ich mich gerne zurück. Da stand ich auch direkt neben Kobe Bryant. Das sind Emotionen, die du dein Leben lang behältst“, sagt Hoffmann: „Natürlich gehören auch negative Dinge dazu, wie die Krankheitswelle 2008. Das sind Dinge, die einen prägen und an denen man wächst.“

Im Sommer in Tokio sollen weitere möglichst schöne Olympia-Momente hinzukommen. Dafür ist weiterhin höchste Konzentration gefragt. An Japan denkt Hoffmann deswegen noch nicht: „Die Vorfreude ist noch nicht so richtig durchgekommen. Es wurde ja auch noch gar nicht festgelegt, wer vom Betreuerteam letztendlich mitkommt. Außerdem steht ja noch die Nachqualifikation aus, da fiebern wir auch mit. Wir sind mit vollem Fokus und vollem Herzen dabei.“

11.02.2020 | von Felix Kannengießer

Carsten Hoffmann ist seit 19 Jahren am Stützpunkt in Dortmund mit dabei.

Carsten Hoffmann bei der Arbeit.

Dreimal war Hoffmann schon bei den Olympischen Spielen.

LINKs

Die Physio-Praxis von Carsten Hoffmann im Netz:
www.privatephysiotherapie-bochum.de

Die bisher erschienenen Teilen aus „Das Team hinter dem Team“:

Sportpsychologin Annelen Collatz

Athletik-Trainer Björn Schinke

Trainingswissenschaftler Stefan Weigelt

 

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