Olympia 2016: Das Duell mit Großbritannien

Der Deutschland-Achter ist mehr als nur ein Ruderboot, viele unvergessliche Geschichten sind mit ihm verbunden. Wir blicken in einer Serie auf die olympischen Medaillen des Team Deutschland-Achter zurück. Heute: Olympia 2016 in Rio de Janeiro.

Die letzte Olympia-Medaille ist für den Deutschland-Achter fünf Jahre her: Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro ruderte das deutsche Flaggschiff zu Silber. Der Olympiazyklus war vom ständigen Duell zwischen dem Deutschland-Achter und dem britischen Achter geprägt. Im letzten Teil unserer Olympia-Serie werfen wir mit Andreas Kuffner einen Blick zurück.

Für Kuffner war der Weg nach Rio ein besonderer. Nach Gold bei den Olympischen Spielen 2012 in London legte er wegen seines Wirtschaftsingenieurwesen-Studiums zunächst eine Wettkampfpause ein. „Die Zeit habe ich gebraucht, um wieder neue Kräfte zu tanken“, erinnert er sich. 2014 schaffte er es zurück in den Deutschland-Achter, doch 2015 ereilte ihn ein Bandscheibenvorfall, der eine Operation nötig machte. Ein Jahr war er nicht mit an Bord, aber der Vilshofener kämpfte sich zurück und schaffte es, im Olympiajahr wieder voll mit dabei zu sein. „Das war ein ziemliches Auf und Ab, eine emotionale Zeit“, sagt der heute 34-Jährige, der zusätzlich noch einen familiären Schicksalsschlag hinnehmen musste: „Umso mehr habe ich es wertgeschätzt, dass ich am Ende dabei war.“

Auch für den Deutschland-Achter verlief der Weg zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro nicht geradlinig. Das deutsche Flaggschiff hatte eine 36 Rennen währende Siegesserie aufgebaut, die im Jahr nach dem Olympiagold 2012 bei der Hügelregatta in Essen gegen Großbritannien riss. Die Briten, die in London Dritter geworden waren, schoben sich auch bei den Weltmeisterschaften 2013 vor Deutschland. „Ich war nicht besonders überrascht, dass es auch mal andersherum ausgehen kann. Die Briten wollten die Situation drehen, nachdem die Olympischen Spiele in ihrem Heimatland für sie nicht zufriedenstellend verlaufen sind“, meint Kuffner. Bis 2015 wurde nun Großbritannien dreimal hintereinander Weltmeister, während der Deutschland-Achter jeweils Vize-Weltmeister und Europameister wurde.

Gold vor den Augen

„Die Zeit bis Rio war eine andere als bis London, wir hatten ein anderes Teamgefüge. Technisch und taktisch haben wir uns zwar ständig hinterfragt, aber wir haben vielleicht zu wenig zwischenmenschlich miteinander gesprochen und sind nicht immer geschlossen aufgetreten. So hat das letzte Quäntchen gefehlt, um als Mannschaft auch in letzter Konsequenz alles aus uns rauszuholen. Das ist aber nur meine Wahrnehmung“, erzählt Kuffner: „Individuell war jeder einzelne sehr stark und hatte die Fähigkeiten, das Boot zu Gold zu bringen. Wir sind mit dem Bewusstsein zu Olympia gefahren, dass wir wieder Gold holen können. Das Ziel hatten wir alle.“

Rio de Janeiro als große Unbekannte

Im Vorfeld von Rio de Janeiro spielte auch der Austragungsort eine Rolle, Bedenken gab es vor allem wegen der Wasserqualität und des durch Mücken übertragenen Zikavirus. Beim Deutschland-Achter war man auf alle Fälle professionell vorbereitet. „Wir haben extra vorher trainiert, ohne Getränk an Bord zu rudern, um nicht dem Spritzwasser ausgeliefert zu sein. Vor Ort waren die Bedingungen aber gar nicht so schlecht. Die Qualität des Wassers war besser als gedacht, und ich habe auch keine einzige Mücke gesehen“, so Kuffner: „Eine Herausforderung war dann schon eher die Distanz, die wir von unserem Quartier zur Strecke hatten. Wir haben im olympischen Dorf gewohnt. Von dem Dorf haben wir uns vielleicht zu sehr beeindrucken lassen, und wir mussten eine Stunde Busfahrt in Kauf nehmen. Die Briten sind direkt an der Strecke untergekommen. Das war sicher ein Faktor.“

Aufregendes Finale

Im Vorlauf lieferten der Deutschland-Achter und der britische Achter souveräne Leistungen ab, im Finale kam es dann zum großen Aufeinandertreffen. „Am Finaltag war ich erst super nervös. Irgendwann habe ich gesagt: Mensch, freu dich drauf. Dieses Gefühl von Aufgeregtheit, die Schmerzen beim Rennen, das wirst du so nie wieder haben. Mir war bewusst, dass es meine letzten Spiele werden. Von daher konnte ich das alles gut wahrnehmen“, erzählt Kuffner.

Das Olympia-Finale von Rio de Janeiro wurde schließlich dramatisch. Während der Saison hatte der Deutschland-Achter immer wieder an den ersten 1.000 Metern gearbeitet, doch schon direkt nach dem Start lagen die Briten vorne. „Wir konnten damit nicht gut umgehen. Wir haben nicht geschafft, als Mannschaft geschlossen darauf zu reagieren“, meint Kuffner. Der Deutschland-Achter konnte an diesem Tag Großbritannien Gold nicht mehr entreißen, doch das deutsche Flaggschiff zeigte trotzdem eine klasse Leistung und errang Silber vor den heranrauschenden Niederländern. „Da haben wir gut dagegengehalten, jeder hat alles reingesteckt“, so Kuffner.

„Stolz auf diese Medaille“

Unmittelbar nach dem Rennen gingen bei den deutschen Ruderern die Köpfe runter, bei der Siegerehrung konnten aber alle schon wieder strahlen. „Wenn du dir Gold vornimmst und Silber holst, dann ist der zweite Platz im ersten Augenblick unzufriedenstellend. Deswegen sieht man unseren Gesichtern nach dem Rennen auch die Enttäuschung an“, verrät Kuffner: „Aber jeder einzelne von uns hat alles gegeben und aus sich rausgeholt, Großbritannien war an diesem Tag einfach besser. Auf dem Siegerpodest haben wir Silber auf jeden Fall wertgeschätzt. Wir dürfen und müssen stolz auf diese Medaille sein.“ Die Medaille wurde dann auch noch gebührend gefeiert, so Kuffner: „Wir haben die Zeit danach in Brasilien genossen und das Gefühl von Rio aufgesaugt. Wir konnten bei Olympia noch viele Sportveranstaltungen sehen, und an der Copacabana gab es einige legendäre Partys.“

17.06.2021 | von Felix Kannengießer

Der Deutschland-Achter im Finale von Rio de Janeiro…

…und anschließend bei der Medaillenvergabe.

Auf der Ehrentafel im Stützpunkt Dortmund sind die Namen der Olympia-Medaillengewiner von 2016 festgehalten.

Besetzung

Deutschland-Achter 2016: Maximilian Munski (Lübecker RG), Malte Jakschik (RV Rauxel), Andreas Kuffner (Berliner RC), Eric Johannesen (RC Favorite Hammonia, damals: RC Bergedorf), Maximilian Reinelt (Ulmer RC Donau), Felix Drahotta (Rostocker RC), Richard Schmidt (RV Treviris Trier), Hannes Ocik (Schweriner RG), Steuermann Martin Sauer (Berliner RC). Trainer: Ralf Holtmeyer.

 

Gold für die Doppelvierer

Insgesamt landete der Deutsche Ruderverband (DRV) bei Olympia 2016 in Rio im Medaillenspiegel auf dem zweiten Platz hinter Großbritannien und vor Neuseeland. Für Gold sorgten der männliche (Phillipp Wende, Lauritz Schoof, Karl Schulze, Hans Gruhne) und der weibliche Doppelvierer (Annekatrin Thiele, Carina Bär, Julia Lier, Lisa Schmidla). Der Deutschland-Achter gewann die einzige Silbermedaille.

Termine

EM in Szeged (Ungarn, 25.-28. April 2024)
Qualifikationsregatta in Luzern
(Schweiz 19.-21. Mai 2024)
Weltcup in Luzern
(Schweiz, 24.-26. Mai 2024)
Weltcup in Poznan
(Polen, 14.-16 Juni 2024)

Trainingslager in Völkermarkt (Österreich, 18. Juni - 3. Juli 2024)
Trainingslager in Ratzeburg (11.-20. Juli 2024)
Olympische Spiele in Paris (Frankreich, 27. Juli - 3. August 2024)
SH Netz Cup in Rendsburg (6.-8. September 2024)

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