Heute vor 40 Jahren: NOK beschließt Olympia-Boykott

Die Nachricht traf das deutsche Team mitten in der Vorbereitung und verhinderte die ersten Olympischen Spiele von Erfolgstrainer Ralf Holtmeyer: „Für uns war es ein Schlag“

Olympia, das ist der große Traum eines jeden Leistungssportlers. Umso härter traf die Ruderer aus dem Team Deutschland-Achter die lange unsichere Situation, wie es mit den Olympischen Spiele in Tokio weitergeht. Durch die Verschiebung auf den nächsten Sommer haben die Sportler wieder eine Perspektive. Anders sah es vor genau 40 Jahren aus: Am 15. Mai 1980 stimmte das Nationale Olympische Komitee (NOK) für den Boykott der Olympischen Spiele in Moskau. Mittendrin war damals Ralf Holtmeyer, für den es als junger Trainer die ersten Spiele gewesen wären.

„Für uns war es damals ein Schlag. Wir hatten eine extrem junge Mannschaft und hatten große Vorfreude auf Olympia. Es fehlte nur noch ein Trainingslager, wir hatten sogar schon die Olympia-Einkleidung“, erinnert sich Holtmeyer. Dann kam der 15. Mai 1980. An diesem Tag fasste das NOK nach heftigen Debatten auf seiner Mitgliederversammlung den Entschluss, den Olympischen Spielen in Moskau fernzubleiben. Der Hintergrund war politischer Natur.

Ende 1979 war die Sowjetunion in Afghanistan einmarschiert, was große Konsequenzen nach sich zog – auch in der Geschichte der Olympischen Spiele. Die USA reagierten zuerst mit einem Boykott. Unter anderem die Bundesrepublik, Japan, Kanada, Norwegen und Kenia zogen nach. Am Ende nahmen nur 81 Nationen an Olympia 1980 in Moskau teil. „Letzten Endes war es ein Politikum vor dem Hintergrund des Ost-West-Konfliktes. Es hatte schon lange gebrodelt, der Einmarsch in Afghanistan hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagt Holtmeyer.

Lohn für eine starke Saison wird genommen

Für die Ruderer kam die Entscheidung überraschend. Die von Holtmeyer trainierte junge Mannschaft des Osnabrücker Rudervereins hatte eine sensationelle Saison hinter sich. Gleich zu Beginn besiegten sie mit dem Vereinsachter auf der Mannheimer Regatta Russland, Tschechien und den Deutschland-Achter. Schließlich sicherte sich der Osnabrücker Achter in der Besetzung Martin Möllmann, Andreas Schütte, Ferdinand Hardinghaus, Thomas Möllenkamp, Axel Wöstmann, Ralf Kollmann, Bruno Derkes, Hans-Günther Tiemann und Steuermann Thorsten Bremer auf der Internationalen Luzerner Rotsee-Regatta die Tickets für die Spiele in Moskau. „Das war sensationell. Die Saison war bis dahin für uns richtig gut gelaufen“, blickt Holtmeyer zurück.

Doch zu dem Auftritt bei Olympia kam es nicht. Obwohl sich der Deutsche Ruderverband gegen einen Boykott stellte, traf das NOK seine Entscheidung. „Erst hat es keiner so richtig geglaubt, dass es so kommt. Und plötzlich ging es dann ganz zügig“, sagt Holtmeyer: „Wir haben das heute alle gut verarbeitet, aber damals hat es uns schon hart getroffen. Vor allem die Mannschaft, die danach etwas auseinandergefallen ist, weil Osnabrück keine Universitätsstadt war.“

USA-Reise als Ersatz

Mit etwas Glück wäre damals vielleicht sogar eine Medaille drin gewesen. „Ich glaube, dafür waren wir nicht konstant genug. Aber wir hätten bestimmt einen vernünftigen Endlauf hingelegt. Für den Verein wäre das ein Riesenerfolg gewesen“, findet Holtmeyer. Als Ersatz für Olympia trat der Osnabrücker Achter im Herbst eine dreiwöchige Reise in die USA an, es ging nach New York, Philadelphia und Boston. Die Sportler sammelten viele Eindrücke und gewannen sogar bei der traditionellen Achter-Regatta „Head of the Charles“ in Boston.

Holtmeyer holt Olympia mehrfach nach

„Das waren tolle Erfahrungen. Wir haben viele Leute kennengelernt und viel gesehen, auch wie es mit dem Rudern in den USA läuft. Aber das war für uns natürlich kein Ersatz für Olympia“, erzählt Holtmeyer, der vier Jahre später dann erstmals hautnah die Olympischen Spiele erleben durfte. Mit zwei Ruderern aus dem ehemaligen Osnabrücker Achter, Thomas Möllenkamp und Axel Wöstmann, errang er im Zweier ohne Steuermann in Los Angeles den vierten Platz. 1988 in Südkorea konnten Holtmeyer und Möllenkamp dann olympisches Gold mit dem Deutschland-Achter feiern. Der 64-jährige Erfolgstrainer kann mittlerweile auf neun Olympische Spiele zurückblicken.

Die zehnten Spiele sollen 2021 folgen

„Im nächsten Jahr will ich es rund machen und das 10. Mal an Olympia teilnehmen“, sagt Holtmeyer, der sich gut in die momentane Lage der Ruderer hineinversetzen kann: „Auch wenn die Situation etwas anders ist, kann ich gut nachvollziehen, wie sie sich fühlen. Die Verschiebung ist eine blöde Situation, aber sie können nach vorne schauen und wieder auf Olympia hin trainieren. Das ist bei uns damals nicht möglich gewesen.“

15.05.2020 | von Felix Kannengießer

Der Osnabrücker Achter im Jahr 1980: Martin Möllmann, Andreas Schütte, Ferdinand Hardinghaus, Thomas Möllemkamp, Axel Wöstmann, Ralf Kollmann, Brunon Derkes, Hans-Günther Tiemann und Steuermann Thorsten Bremer (v.li.n.re.).

Der Osnabrücker Achter hatte 1979/80 eine sensationelle Saison hinter sich, hier wurde im Rudersport Magazin über einen der Siege berichtet.

Trainer des Achters war Ralf Holtmeyer, der seine ersten Olympischen Spiele vier Jahre später nachholte.

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