Heute vor 30 Jahren: WM-Sieg in Tasmanien

Am 4. November 1990 sicherte sich der Deutschland-Achter den WM-Titel mit der Weltbestzeit. Einer der Helden von damals arbeitet heute als Trainer in Australien.

Heute vor 30 Jahren wurde der Deutschland-Achter in Tasmanien Weltmeister. Das Rennen auf der australischen Insel war für viele der deutschen Ruderer ein großes Abenteuer. Die Mannschaft des Deutschland-Achter bestand aus Roland Baar, Dirk Balster, Matthias Ungemach, Frank Richter, Armin Weyrauch, Christoph Korte, Frank Dietrich, Martin Steffes-Mies und Steuermann Manfred Klein. Matthias Ungemach prägte die Reise nach Australien so sehr, dass er mittlerweile umgesiedelt hat – der Achter-Weltmeister von 1990 ist seit 18 Jahren in Down Under zu Hause.

Für die deutschen Ruderer war Tasmanien eine große Unbekannte. „Ich musste erst einmal schauen, wo die Insel überhaupt liegt. An Australien hatte ich nicht gedacht“, erzählt Ungemach, der sich vor Ort aber einen bleibenden Eindruck machte: „Das ist eine klasse Strecke, komplett in der Natur gelegen, mitten im Busch. Die nächsten Städte sind mit dem Auto rund eine Stunde entfernt. Das ist quasi die australische Antwort auf den Rotsee, nur ohne die Infrastruktur.“

Der Deutschland-Achter war als Favorit nach Australien angereist. Die Mannschaft hatte unter Trainer Ralf Holtmeyer einen Aufschwung erlebt, war 1988 Olympiasieger in Seoul geworden und bestätigte im Jahr darauf diese Leistung mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft. Zur Saison 1989/90 wurden vier Plätze im Deutschland-Achte neu vergeben, einen Rollsitz ergatterte Ungemach, der direkt aus dem U23-Bereich kam. „Ich war damals mit 22 Jahren der Jüngste. Steuermann Manfred Klein war genau doppelt so alt wie ich. Der Deutschland-Achter war in den Jahren zuvor sehr erfolgreich. Es war eine Herausforderung, das zu wiederholen“, erinnert sich Ungemach.

Dramatisches Finale gegen Kanada

Der größte Konkurrent bei der WM 1990 in Tasmanien war der Achter aus Kanada. Während der Saison waren sich die beiden Boote nie begegnet, hatten bei ihren Auftritten aber jeweils alles abgeräumt. Auch im WM-Vorlauf gingen sich die Teams aus dem Weg. Die Nordamerikaner allerdings legten in ihrem Lauf die schnellere Zeit hin. Auch im Finale sah es zunächst besser für die Kanadier aus. „Sie lagen direkt vorne. Das war eine neue Situation für uns. Während der Saison hatten immer wir vorne gelegen“, erzählt Ungemach: „Unser Schlagmann Roland Baar hat deswegen früher den ersten Sprint angesagt und dann gleich den nächsten hinterher.“

Die Ruderer im Deutschland-Achter wuchsen über sich hinaus und zogen Schlag um Schlag an den Kanadiern vorbei. Am Ende retteten sie rund eine Sekunde Vorsprung ins Ziel und legten mit 5:26,62 eine Weltbestzeit hin, die vier Jahre lang Bestand hatte. „Das war ein wahnsinniges Glücksgefühl für mich, es war wie im Traum“, berichtet Ungemach. Dritter wurde übrigens die ostdeutsche Mannschaft, die unter neutraler Flagge 1990 ein letztes Mal eigenständig startete. Im letzten DDR-Achter der Geschichte saßen Lutz Thiede, Roland Schröder, Frank Pawlowski, Thomas Woddow, Michael Peters, Andre Hache, Thomas Bänsch, Hans Sennewald und Steuermann Peter Thiede. Thiede, im Anschluss ab 1993 16 Jahre lang Steuermann des Deutschland-Achters, war der letzte DDR-Sportler, dem eine WM-Medaille überreicht wurde.

Am gleichen Tag holten auch die beiden deutschen Vierer mit Steuermann jeweils eine WM-Medaille auf dem Lake Barrington. Der DDR-Vierer mit Mario Grüssel, Stefan Schulz, Detlef Kirchhoff, Bernd Eichwurzel und Steuermann Hendrik Reiher gewann Gold. Silber ging an den gesteuerten Vierer der Bundesrepublik mit Volker Zimnau, Stefan Scholz, Ansgar Wessling, Wolfgang Klappheck und Steuermann Thomas Alt.

Team blieb immer in Kontakt

In der Saison darauf wurde der Deutschland-Achter wieder umbesetzt, das Weltmeister-Team aber blieb immer in Verbindung. „Das war einfach eine tolle Mannschaft, sportlich wie menschlich. Deswegen haben wir heute noch regen Kontakt. Einige der Jungs haben mich hier in Australien besucht, und immer, wenn ich in Deutschland bin, schaue ich bei ihnen vorbei“, berichtet Ungemach, der 1996 nach den Olympischen Spielen in Atlanta seine sportliche Laufbahn beendete und mit einem abgeschlossenen Elektrotechnik-Studium im Rücken zunächst ganz abseits vom Rudern seinen beruflichen Weg ging.

Ungemach zieht es nach Sydney

Doch der Kreis zum WM-Sieg 1990 in Tasmanien schloss sich wieder. Im Jahr 2002 wanderte Ungemach mit seiner Frau Judith Zeidler und den beiden noch kleinen Kindern nach Sydney aus. „Der Strand, die Großstadt, die Naturparks, das gute Wetter – wir wollten Australien einfach mal für zwei Jahre ausprobieren und sind bis heute geblieben. Wir sind hier an den Northern Beaches in Sydney sesshaft geworden“, so Ungemach, der in Down Under auch zum Rudern zurückfand. Seit 2010 ist er als Trainer unterwegs, seit zwei Jahren sogar hauptberuflich als Headcoach am Mosman Rowing Club und außerdem beim St. Augustine’s College, wo seine Frau Headcoach ist. Dort, wo der Deutschland-Achter vor dem WM-Sieg in Tasmanien sein Trainingslager aufgeschlagen hatte, ist nun Ungemachs tägliches Ruderrevier: der Nepean River in Sydney.

Rückkehr nach Tasmanien

Und auch nach Tasmanien wird Ungemach im kommenden Jahr als Trainer zurückkehren. Mit seiner Frau hat er schon einige australische Talente – darunter auch Sohn Torben – zu Erfolgen geführt, die nächsten stehen in den Startlöchern und müssen sich bei den nationalen Meisterschaften 2021 in Tasmanien beweisen. Ungemach freut sich auf die Wiederkehr: „Am Lake Barrington bin ich tatsächlich seit dem WM-Sieg nie mehr gewesen, das ist schon eine verrückte Geschichte.“

04.11.2020 | von Felix Kannengießer

Die Crew des Deutschland-Achter 1990: Roland Baar, Matthias Ungemach, Armin Weyrauch, Frank Dietrich, Dirk Balster, Frank Richter, Steuermann Manfred Klein, Christoph Korte und Martin Steffes-Mies.

Nicht nur sportlich, auch menschlich passte die Achter-Crew von 1990  prima zusammen.

Diese Plaketten – und noch viele weitere – hängen an der Ehrentafel des Team Deutschland-Achter direkt am Eingang des Stützpunktes in Dortmund.

Matthias Ungemach heutzutage (re.) mit Coaching-Kollege Donovan Cech nach dem Gewinn des Kings Cup.

Weiterer WM-Titel in Weltbestzeit

Matthias Ungemach hat sich mit einer weiteren Weltbestzeit einen WM-Sieg gesichert. Mit Armin Weyrauch, Armin Eichholz, Bahne Rabe und Steuermann Jörg Dederding fuhr er bei den Weltmeisterschaften in Wien 1991 in 5:58,96 Minuten zum Titel im Vierer mit Steuermann. Dieser Rekord ist bis heute ungebrochen, die Bootsklasse wurde vor ein paar Jahren aus dem WM-Programm gestrichen.

 

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